Wasserstoffexperte Professor Christopher Hebling erklärt im Interview, warum an grünem Wasserstoff als Energieträger kein Weg vorbeiführt.
MAN People: Professor Hebling, die Idee, Energie aus Wasserstoff zu erzeugen, gibt es schon lange. Warum hat sie sich bisher nicht durchgesetzt?
Professor Hebling: In der Tat gibt es Elektrolyseure schon sein 1920er Jahren. Während der Ölkrisen 1973 und 1979 wurde darüber diskutiert, Wasserstoff einzusetzen, um vom Öl loszukommen. Aber erst heute gibt es ein globales Commitment der Staatengemeinschaft, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Dabei gilt es zu bedenken, dass die Erzeuger fossiler Energie, die größte und mächtigste Industrie der Welt, bereit sein müssen, diesen Weg mitzugehen.
Die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits heute spürbar.
Wie viel Zeit bleibt uns noch?
Wir sind bisher viel zu langsam bei der Umstellung unserer Energiesysteme, auch wenn der Wille bei allen Beteiligten groß ist. Hoffnung macht, dass auch die ‚big player‘, also China, Russland und Indien, mit dem Rest der Welt an einem Strang ziehen.
Rund 35 Staaten haben eine eigene Wasserstoffstrategie, darunter auch Deutschland. Global sollen in den kommenden drei bis vier Jahren 300 Milliarden Euro in Produktion und Infrastruktur investiert werden.
Was passiert ganz konkret?
Rund 35 Staaten haben eine eigene Wasserstoffstrategie, darunter auch Deutschland. Global sollen in den kommenden drei bis vier Jahren 300 Milliarden Euro in Produktion und Infrastruktur investiert werden.
Welchen Weg schlägt Europa ein?
Wichtig ist vor allem, Energiepartnerschaften zu aktivieren, zum Beispiel mit Australien, aber auch den Staaten in Nord- und Westafrika und dem Mittleren Osten. In diesen Ländern stehen gigantische Flächen und Ressourcen für die Produktion von grünem Wasserstoff zur Verfügung.
Worin sehen Sie die Hauptaufgaben der Politik beim Ausbau der Wasserstofftechnologie?
Die Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen, damit sich der Markt entwickeln kann. Ganz wichtig sind auch Investitionen in die Infrastruktur, sozusagen als Vorschuss auf die zu erwartende Produktion und Verteilung. Hier sehe ich die Staaten in der Pflicht, nicht private Investoren.
Ist das Ziel einer Wirtschaft komplett ohne Kohlenstoff wirklich umsetzbar oder doch nur eine Möglichkeit?
Es ist die einzige Chance, die wir haben, wenn wir unsere Erde als lebenswerten Ort für kommende Generationen erhalten wollen. Zu einer nachhaltigen Energiewelt gibt es also keine Alternative.
Zur Person:
Professor Christopher Hebling leitet den Bereich Wasserstofftechnologie am Fraunhofer Institut in Freiburg mit mehr als 140 Wissenschaftlern, Ingenieuren und Studenten. Er ist einer der gefragtesten Experten, wenn es um Wasserstoff und integrierte Energiesysteme geht.
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