MAN People Logo
  • So wird die Viertakt-Techno­logie bereit für Methanol

Scroll down

Petra Rektorik erklärt im Interview, welche Heraus­forderungen es in der Entwicklung zu bewältigen gilt, damit Viertaktmotoren den Zukunftskraftstoff ­Methanol verbrennen können.

Frau Rektorik, unsere Zukunftsstrategie beinhaltet, dass wir ‚grüne Motoren‘ anbieten wollen, die mit klima­freundlichen Kraftstoffen betrieben werden. Warum hat Methanol auch im Viertaktbereich die Nase vorn?

Der größte Vorteil von Methanol – aber auch den anderen Alternativen Ammoniak und Wasserstoff – ist, dass es rußfrei verbrennt. Außerdem ist der Stickoxid-Ausstoß niedriger als bei der Verwendung von Diesel. Bei der Verwendung von CO2-neutralem, also synthetisch erzeugtem Methanol, wird kein CO2 ausgestoßen. Und es gibt noch mehr Vorteile: Methanol ist flüssig und lässt sich so leichter lagern, die Energiedichte ist höher als die von Ammoniak – die gewünschte Motorleistung wird dadurch mit weniger Kraftstoff erreicht, – und zuletzt ist Methanol eine gängige Chemikalie und bereits in vielen Häfen verfügbar. Wir entwickeln unsere Motoren zwar für Metha­nol, Ammoniak und Wasserstoff. Methanol wird aber nach aktuellem Stand der erste Kraftstoff sein, welcher in der Marine Anwendung finden wird.

Methanol wird nach aktuellem Stand der erste Kraftstoff sein, welcher in der Marine Anwendung finden wird.

Petra Rektorik, Ingenieurin in der Viertakt-Brennverfahrensentwicklung

Worin besteht die Herausforderung, Methanol als Kraftstoff zu verwenden?

Methanol kann im Motor auf zwei Arten verbrannt werden: Das erste Konzept basiert auf einem vorgemischten Ottoprozess, wie bei unseren Gas-Dual-Fuel Motoren. Die erreichbare Leistungsdichte ist hier geringer, aber das System ist weniger komplex und kann schneller zur Marktreife gebracht werden. Deswegen verfolgen wir es vor allem für unsere Retrofit-Lösungen. Das zweite Konzept basiert auf einem diffusiven Dieselprozess, wie bei unseren Zweitakt-Methanol-Motoren. Hier ist die Leistungsdichte höher und wir entwickeln diese Lösung für unsere Neubaumotoren. Die größte Herausforderung für uns in der Entwicklung ist aufgrund des erforderlichen Methanol-Einspritzsystems das zweite Konzept. Das Einspritzsystem wird maßgeblich durch die Eigenschaften von Methanol beeinflusst. Eine der wichtigsten Charakteristika ist die Energiedichte. Die von Methanol ist etwa nur halb so groß wie die von Diesel. Das heißt: Ich muss für die gleiche Leistung eine doppelt so große Menge an Kraftstoff einbringen, habe allerdings auch nur die gleiche Zeitspanne wie beim Diesel zur Verfügung, um dieses Volumen einzuspritzen. Dann muss der Kraftstoff zünden. Während Diesel sich selbst entzündet, wird bei Methanol eine Diesel-Piloteinspritzung zur Zündung verwendet. Dabei ist die Gemischbildung von Luft und Methanol entscheidend für eine effiziente Zündung und Verbrennung. Zusätzlich hat Methanol starke Kühleffekte, welche für die Dieselzündung eine Herausforderung darstellen. Kurz gesagt: Kraftstoffmenge, Zeitspanne für und Timing der Einspritzung, Gemischbildung, Temperatur und Dosierung der Piloteinspritzung – alle Parameter müssen zusammenpassen, damit der Motor stabil läuft.

Wann wird der erste MAN-Viertaktmotor mit Methanol laufen?

Bereits seit 2019 laufen umfangreiche Einzylinder-Untersuchungen. Der erste Vollmotor soll im Retrofit-Entwicklungsprojekt 48/60 im Jahr 2024 starten. Für einen vollständigen Umstieg auf klimafreundliche Kraftstoffe gibt es viele Einflussfaktoren. Zum Beispiel die Frage, wie groß die Eigeninitiative von Reedereien ist, zum Klimaschutz beizutragen. Dann natürlich auch künftige Regularien und nicht zuletzt  die Entwicklung der Kraftstoffpreise. All dies wird beeinflussen, wie schnell sich Methanol und andere Zukunftskraftstoffe durchsetzen.

Petra Rektorik

hat Maschinenbau an der TU München studiert und kam dort erstmals über eine Vorlesung mit MAN in Kontakt. Auf ein Praktikum folgte die Master- und anschließend die Doktorarbeit in der Einspritzsystem-Entwicklung. Sie hat sich auf die Methanol-Hochdruckeinspritzung und das dazugehörige Brennverfahren spezialisiert und ist seit Juni 2023 fest angestellt im Team für die Viertakt-Brennverfahrensentwicklung.

Weitere Themen

Schaffung eines saubereren Kraftstoffs

Erneuerbare synthetische Kraftstoffe wie synthetisches Erdgas und Methanol sind von zentraler Bedeutung für die Dekarbonisierung der Wirtschaft, mit potenziellen Anwendungen in industriellen Prozessen, der chemischen Produktion, der Schifffahrt und vielem mehr.
Mehr Info

Der Weg zu einer klimaneutralen Schifffahrt

Es führt kein Weg daran vorbei. Der Umfang ist das Problem. Der Energiebedarf für eine klimaneutrale Schifffahrt ist enorm - kann die Branche ihre Anstrengungen skalieren? Drei Experten zeigen mögliche Wege und einen möglichen Fallstrick auf.

Mehr Info

Die Vorteile von Methanol

Mit der Bestellung des weltweit ersten mit kohlenstoffneutralem Methanol betriebenen Containerschiffs durch Maersk wird die Verwendung dieses Treibstoffs im Zuge der Umstellung der Seeschifffahrt auf eine umweltfreundlichere Branche wahrscheinlich an Bedeutung gewinnen.

Mehr Info